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Beschränkung von Diisocyanaten

Ein Überblick über die neuen Regelungen zur Verwendung und zum Inverkehrbringen von Diisocyanaten durch den Beschränkungseintrag Nr. 74 der REACH-Verordnung (EG) NR. 1907/2006

- Quelle: Helpdesk kompakt: REACH

Ziel der Beschränkung
Bei Diisocyanaten handelt es sich um Stoffe mit der allgemeinen Strukturformel O=C=N-R-N=C=O, die in großen Mengen unter anderem zur Herstellung von Polyurethan-Schäumen verwendet werden, aber auch in Dichtstoffen, Beschichtungen und anderen Anwendungen zum Einsatz kommen. Aufgrund ihrer atemwegssensibilisierenden Eigenschaften kann eine Exposition gegenüber Diisocyanaten zu (teilweise schwerwiegenden) Atemwegserkrankungen führen.
Durch die Beschränkung soll das Gesundheitsrisiko minimiert werden, das sich für industrielle und gewerbliche Anwender aufgrund der möglichen inhalativen und/oder dermalen Exposition bei der Verwendung von Diisocyanaten ergibt.


Neue Anforderungen zum Umgang mit Diisocyanaten
Mit dem Wirksamwerden des Eintrags Nr. 74 des Anhangs XVII der REACH-Verordnung kommen neue Pflichten auf Verwender und Lieferanten von Diisocyanaten zu, wenn sie diese als Stoffe oder als Bestandteil in anderen Stoffen oder Gemischen in Konzentrationen ab 0,1 Gew.-% anwenden oder in Verkehr bringen möchten.

Wichtiger Stichtag für Verwender ist hierbei der 24. August 2023. Stoffe und Gemische mit Diisocyanaten dürfen dann industriell oder gewerblich nur noch verwendet werden, wenn die Konzentration der Summe aller Diisocyanate unterhalb des o.g. Konzentrationsgrenzwerts liegt oder der Anwender den Besuch einer Schulung zum sicheren Umgang mit Diisocyanaten vorweisen kann. Die Schulung muss dabei von einem Experten auf dem Gebiet der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz durchgeführt werden und ist mindestens alle 5 Jahre zu wiederholen. Der erfolgreiche Abschluss muss vom Arbeitgeber oder Selbstständigen dokumentiert werden. Der Beschränkungseintrag gibt auch Mindestanforderungen an die Schulungen und ihre Inhalte vor, deren Umfang durch die Art der Verwendungen bestimmt wird.

Lieferanten dürfen zudem nach dem 24. Februar 2022 Diisocyanate als Stoffe oder als Bestandteil in anderen Stoffen oder Gemischen für die industrielle und gewerbliche Verwendung in Konzentrationen ab 0,1 Gew.-% nur noch in den Verkehr bringen, wenn sie sicherstellen, dass der Abnehmer von den o. g. Anforderungen Kenntnis hat und wenn auf dem Etikett der Hinweis: „Ab dem 24. August 2023 muss vor der industriellen und gewerblichen Anwendung eine angemessene Schulung erfolgen“, angebracht ist. Außerdem muss der Lieferant sicherstellen, dass dem Kunden Schulungsunterlagen in der/den Amtssprache(n) des/der Mitgliedsstaats/n, in den der Stoff/das Gemisch geliefert wird, zur Verfügung gestellt werden. Auch die Besonderheiten der gelieferten Produkte (wie Zusammensetzung, Verpackung und Design) müssen in der Schulung berücksichtigt werden.


Häufig gestellte Fragen zur Diisocyanatbeschränkung

  • Gibt es eine Liste mit allen von der Beschränkung betroffenen Stoffen?

Der Beschränkungseintrag umfasst alle Stoffe mit der generellen Strukturformel O=C=N-R-N=C=O, wobei R eine aliphatische oder aromatische Kohlenwasserstoffeinheit beliebiger Länge sein kann. Die Erstellung einer Liste mit betroffenen Stoffen ist nicht zweckmäßig, da eine ständige Aktualisierung mit neu hergestellten Diisocyanaten von-nöten wäre. Einige Stoffbeispiele finden Sie jedoch im Anhang des Beschränkungsdossiers für Diisocyanate unter: echa.europa.eu/documents/10162/66913681-1e1d-85ac-2314-997ed0a673c9.

  • Beziehen sich die 0,1 Gew.-% auf den Monomergehalt oder fallen auch Stoffe/Gemische mit einem Di- oder Oligomergehalt ab 0,1 Gew.-% darunter?

Die in der Beschränkung festgelegte 0,1 %-Grenze bezieht sich auf den Gesamt-Diisocyanatgehalt im Stoff oder Gemisch, also auf die Summenkonzentration aller Stoffe, die die generelle Strukturformel O=C=N-R-N=C=O erfüllen, wobei R eine aliphatische oder aromatische Kohlenwasserstoffeinheit beliebiger Länge sein kann. Dies kann daher auch auf Oligomere zutreffen, sofern die Moleküleinheit R keine weiteren funktionellen Gruppen, wie z. B. Urethangruppen, enthält. Zudem können Oligomere, sowie auch Polymere unter die Beschränkung fallen, wenn sie ungebundene Diisocyanate, die der obigen Definition entsprechen, in Konzentrationen von 0,1 Gew.-% oder höher enthalten.

  • Sind Triisocyanate von der Beschränkung betroffen?

Da die Moleküleinheit R per Definition in Spalte1 des Eintrags 74 im Anhang XVII nur aus einer aliphatischen oder aromatischen Kohlenwasserstoffeinheit besteht, fallen Stoffe, die hier zusätzliche funktionelle Gruppen besitzen (wie z.B. -N=C=O), nicht in den Anwendungsbereich der Beschränkung. Triisocyanate sind daher nicht von der Beschränkung betroffen.

  • Gemäß Absatz 2b der Beschränkung müssen Diisocyanate bzw. diisocyanathaltige Gemische zukünftig auf der Verpackung folgenden Hinweis enthalten: „ab dem 24. August 2023 muss vor der industriellen oder gewerblichen Verwendung eine angemessene Schulung erfolgen“. Wie muss das Hinweisetikett aussehen und wo muss es angebracht werden?

Der Beschränkungseintrag gibt vor, dass der Hinweis deutlich von den anderen Angaben auf dem Etikett unterscheidbar angebracht werden muss. Darüber hinaus enthält der Beschränkungseintrag keine weiteren Anforderungen zu Hinweis und Etikett.
Für das Anbringen und die Anordnung von Informationen auf dem Kennzeichnungsetikett gelten die Vorgaben in Artikel 31 und 32 der CLP-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 1272/2008). Gemäß Artikel 32 Absatz 6 werden Kennzeichnungselemente aufgrund der Vorschriften anderer Gemeinschaftsrechtsakte im Abschnitt für ergänzende Informationen auf dem Kennzeichnungsetikett angeordnet. Dies beinhaltet auch Kennzeichnungshinweise in Bezug auf Beschränkungen in Anhang XVII der REACH-Verordnung. Demnach ist der Hinweis Teil des CLP-Kennzeichnungsetiketts und muss gemäß Artikel 32 Absatz 6 zusammen mit den anderen ergänzenden Informationen angeordnet werden. Er muss sich jedoch deutlich von diesen abheben und gut sichtbar bzw. erkennbar sein.

  • Welche Pflichten hat der Lieferant über die Kennzeichnung hinaus? Muss der Lieferant prüfen, ob der Kunde der Schulungspflicht für die Anwender nachkommt?

Entsprechend den Vorgaben der Beschränkung in den Absätzen 4 und 5 stellen die Lieferanten von Diisocyanaten (als Stoff oder als Bestandteil in anderen Stoffen oder Gemischen) sicher, dass dem Empfänger Schulungsunterlagen und Kurse in der Amtssprache des jeweiligen Mitgliedstaats zur Verfügung gestellt werden, in den die Stoffe bzw. Gemische geliefert werden. Die Besonderheiten der gelieferten Produkte, einschließlich Zusammensetzung, Verpackung und Design, müssen in der Schulung berücksichtigt werden. Ob der Abnehmer der Schulungspflicht nachkommt, liegt nicht in der Verantwortung des Lieferanten und muss nicht von diesem geprüft werden. Für die Überprüfung ist die zuständige Überwachungsbehörde verantwortlich.

Möchte der Lieferant sich dennoch vergewissern, dass der Kunde der Schulungspflicht nachkommt, steht es ihm frei, beispielsweise eine (schriftliche) Bestätigung des Kunden einzuholen, dass die Schulungen durchgeführt worden sind.


Weiterführende Informationen:
1) Verordnung (EU) 2020/1149 zur Änderung des Anhangs XVII der REACH-VO (Diisocyanat- Beschränkung): eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/
2) Informationen zur Diisocyanatbeschränkung auf den Internetseiten der REACH-Bewertungsstelle zum Arbeitsschutz: www.baua.de/DE/Themen/Arbeitsgestaltung-im-Betrieb/Gefahrstoffe/REACH-Bewertungsstelle-Arbeitsschutz/Diisocyanate.html

Die Information stellt die nationale Auffassung dar, die sich nach Abstimmung auf europäischer Ebene ändern kann. Etwaige rechtliche Empfehlungen, Auskünfte und Hinweise sind unverbindlich, eine Rechtsberatung findet ausdrücklich nicht statt.